Editorial aus Schiff&Hafen 11/2021: Wasserwege nutzen

Kathrin Lau, Stellvertretende Chefredakteurin

In dem Bemühen, Treibhausgase und weitere schädliche Emissionen nachhaltig zu reduzieren, spielt die Verlagerung von Gütertransporten von der Straße auf den Wasserweg eine wichtige Rolle. Nicht zuletzt auch deshalb, weil das stetig steigende Transportaufkommen auf der Straße künftig voraussichtlich nicht mehr bewältigt werden kann.

In diesem Zusammenhang lohnt der direkte Vergleich: Im Jahr 2019 haben laut dem deutschen Umweltbundesamt Lkw 111 g Treibhausgas pro Tonnenkilometer emittiert, bei Binnenschiffen waren es dagegen nur 30 g.

Wenn man dieser Tage den Verkehr auf Elbe, Rhein und Co. beobachtet, fällt es jedoch unter Umständen noch schwer, die mitunter in die Jahre gekommenen Schiffe als innovative und moderne Verkehrsträger zu sehen. Und obgleich die Binnenschifffahrt aus den oben genannten Gründen immer mehr in den Fokus von Spediteuren und Logistikern rücken müsste, sinkt ihr Anteil an der Transportleistung im Güterverkehr: Im Jahr 2020 betrug dieser knapp sieben Prozent, 2013 waren es noch etwa neun Prozent. Und auch die Anzahl der Frachtschiffe in der deutschen Binnenschiffsflotte ist rückläufig: Waren im Jahr 2007 noch 2420 Schiffe auf Flüssen und Kanälen unterwegs, sank die Zahl auf 1976 im Jahr 2019. Unter anderem ist dies den Niedrigwasserständen geschuldet, was den Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) bereits vor drei Jahren veranlasste, die deutsche Regierung dazu aufzufordern, flussbauliche Maßnahmen zu entwickeln, die die Binnenschifffahrt in Zeiten des Klimawandels unterstützen.

Nennenswerte Ansätze oder Ergebnisse bleiben hier bislang jedoch aus, was zur sprichwörtlichen Katze führt, die sich in den Schwanz beißt: Um die avisierten Klimaziele zu erreichen, ist die Weiterentwicklung innovativer Verkehrsträger unabdingbar. Die anhaltenden Niedrigwasserstände der deutschen Flüsse, die durchaus bereits den Klimaänderungen zugeschrieben werden müssen, behindern die notwendigen Schritte.

Auf der Technologieseite hingegen gibt es erfreulichere Nachrichten: Mit der vor Kurzem in Kraft getretenen „Förderrichtlinie für die Beschaffung und den Einbau von emissionsärmeren Dieselmotoren“ hat das Bundesverkehrsministerium seine Bemühungen verstärkt, der Binnenschifffahrt den Umstieg auf umweltschonendere Antriebe zu ermöglichen.

Allerdings kann dies nur als ein Zwischenschritt angesehen werden; mittel- und langfristig muss natürlich auch in diesem Segment eine Abkehr von fossilen hin zu klimaneutralen Brennstoffen bzw. Antrieben vollzogen werden. Und hier hat die Binnenschifffahrt aufgrund ihres naturgemäßen Betriebsprofils mindestens einen Vorteil gegenüber ihrer „großen Schwester“, der Seeschifffahrt. Die Fahrten sind in der Regel gut planbar und der nächste Hafen ist deutlich schneller zu erreichen. Die Logistik der Bebunkerung mit einem bestimmten, alternativen Brennstoff oder das regelmäßige Laden eines elektrischen Antriebs birgt somit geringere Risiken und Hürden.

Ein aktuelles Beispiel ist das 104 TEU-Schiff „Alphenaar“, das vor Kurzem mit zwei Batterie-Containern ausgestattet worden ist und nun mit 100 Prozent nachhaltig hergestelltem Strom das Bier eines niederländischen Brauereikonzerns emissionsfrei über die Wasserwege transportiert.

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