Editorial aus Schiff&Hafen 3/2021: Impulse für den Fortschritt
Die deutsche Wirtschaft behauptet sich seit Jahrzehnten im internationalen Wettbewerb – trotz vergleichsweiser hoher Lohnkosten und Sozialabgaben. Ein wesentlicher Grund hierfür ist ein in vielen Bereichen kontinuierlich erarbeiteter technologischer Vorsprung, der ständig neu erkämpft und verteidigt werden muss. Dass dies keine Selbstverständlichkeit ist, zeigt das aktuelle Blomberg Ranking, in dem die Volkswirtschaften unter anderem nach ihren Forschungs- und Entwicklungsausgaben, ihrer Produktionsfähigkeit und der Konzentration von Hightech-Unternehmen bewertet werden. Entsprechend dem Bloomberg Innovation Index 2021 ist Deutschland von Südkorea vom ersten Platz verdrängt worden und landet insgesamt sogar auf dem vierten Rang. Eine Tendenz, die Fragen nach möglichen Ursachen aufwirft und die durchaus ernst genommen werden sollte.
In puncto Innovationskraft und Spitzentechnologie kommen zu bewährten Säulen des Erfolgs wie vorausschauende strategische Ausrichtung, Investitionen in Forschung & Entwicklung und unternehmerischer Mut zunehmend neue, unkonventionelle und kreative Impulse hinzu, die nicht selten altbewährte Geschäftsmodelle auf den Kopf stellen.
In diesem Zusammenhang sollte auch die Rolle der Start-ups betrachtet werden. Auffallend ist hier, dass deutsche Unternehmen im öffentlichkeitswirksamen B2C-Segment (Stichwort Amazon und Uber) weniger aktiv sind. Dafür liegt der Schwerpunkt eher im Business-to-Business-Bereich (B2B), in dem die deutsche Wirtschaft ihre traditionellen Stärken mit digitalen Elementen verknüpfen kann.
Wie sieht die Situation der Start-ups speziell in der maritimen Branche aus? Die Recherchen zeigen, dass es nicht einfach ist, hierzu einen umfassenden Überblick zu generieren. Es existieren zahlreiche kleinere lokale Zentren, die jeweils eine jedoch nur sehr begrenzte Plattform bieten.
Eine Bündelung und Förderung der Start-up-Aktivitäten – wie sie beispielsweise durch das norwegische Unternehmen Katapult Ocean erfolgt – ist hierzulande in vergleichbarer Größenordnung nicht auszumachen.
Laut des im November 2020 von Katapult Ocean herausgegebenen zweiten Blue World Perspective-Reports steigt die Zahl der maritimen Start-ups in dem betrachteten Bereich „Nachhaltigkeit“ weltweit stark an. In dem Ranking der Top 5 dominieren allerdings die skandinavischen Länder, die USA und die Niederlande. In insgesamt fünf im Report definierten Handlungsschwerpunkten findet sich Deutschland lediglich einmal im Bereich „Transport“ wieder – an fünfter Stelle.
Hier existiert noch viel wertvolles Potenzial, das sich die deutsche maritime Wirtschaft keinesfalls entgehen lassen sollte. Neben staatlichen Förderprogrammen müssen Industrie und Institutionen vermehrt Kooperationen anstreben, um zu gewährleisten, dass kluge Ideen und neue methodische Ansätze nicht verloren gehen, sondern nutzbringend in die Praxis überführt werden. Auch eine Bündelung der Aktivitäten wäre zukünftig sicher hilfreich und nützlich.
Vor diesem Hintergrund starten wir mit dieser Ausgabe von Schiff&Hafen eine neue Ru brik, in der wir regelmäßig erfolgreiche maritime Start-ups und ihre innovativen Ideen, Produkte oder Services vorstellen.