Editorial aus Schiff&Hafen 10/2023: Zwischen Aufbruchstimmung und vertanen Chancen

Kathrin Lau, Chefredakteurin

Das war sie nun, die 13. Nationale Maritime Konferenz (NMK) in Bremen. Während die Veranstaltung – erwartungsgemäß – mit umfassendem Programm und hochrangig besetzten Panels aufwarten konnte, war das Fazit bei vielen der rund 800 Teilnehmenden eher ernüchternd.

Dabei gab es durchaus positiv stimmende Inhalte und Programmpunkte:

ein Bundeswirtschaftsminister, der gut gelaunt und seine Begeisterung für die maritime Wirtschaft nicht verbergend Aufbruchstimmung, u.a. den möglichen Bau von Konverterplattformen in Deutschland betreffend, verbreitete;

ein klares Bekenntnis zu den Hafenstandorten und damit verbunden zu der Notwendigkeit, die erforderlichen Investitionen und eine ausreichende Finanzierung im Bund zu adressieren;
die Zusage der Reederschaft, kurzfristig Hunderte von Ausbildungsplätzen zu schaffen;
die Möglichkeit, im Zuge der geplanten und dringend erforderlichen Munitionsbergung in Nord- und Ostsee eine Technologieführerschaft übernehmen zu können.

Aber eben auch: keine Verbindlichkeit in Bezug auf Hafenfinanzierung und Nationaler Hafenstrategie, kaum konkrete Vorgaben, wie der Ausbau der Offshore-Windenergie mit zufriedenstellender nationaler Wertschöpfung gelingen kann, zu wenig Präsenz für die Bedeutung der deutschen Zulieferindustrie und nicht zuletzt ein Bundesverkehrsminister, der durch Abwesenheit glänzte.

Im Vorfeld der NMK hatten Verbände und Organisationen der maritimen Wirtschaft sowie Gewerkschaften unter Beteiligung von Bundes- und Länderressorts in einem umfangreichen Abstimmungsprozess ein 16-seitiges Diskussionspapier mit konkreten Handlungsempfehlungen erarbeitet. Darin heißt es u.a. „Es bedarf eines gemeinsamen Handelns von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und der Gewerkschaften, damit die maritime Branche in Deutschland kurzfristig Potenziale heben und langfristig erfolgreich bleiben kann.“

Diese Bedarfsformulierung ist nicht neu, und dennoch scheint die immanente Herausforderung aktueller denn je. Die Notwendigkeiten sind allen klar, die Sinnhaftigkeit von Schulterschlüssen über die Teilsegmente der Branche hinweg offensichtlich, das Verständnis der Politik für Unterstützung gegeben – aber trägt das auch im täglichen Geschehen? Wie weit kann gemeinsames Handeln in einer diversifizierten Branche wie der maritimen Industrie mit ihren zum Teil heterogenen Interessen reichen und zum Erfolg führen?

Miteinander zu reden und in einen offenen, mitunter auch kontroversen Austausch zu treten, dafür hat die NMK auf jeden Fall einen guten Rahmen geschaffen. Und natürlich kann nicht davon ausgegangen werden, dass auf einem zweitägigen Branchentreffen weitreichende politische Entscheidungen getroffen oder erstmals verkündet werden. Auch die Nicht-Erteilung öffentlicher Aufträge für den Marineschiffbau, was in einem der Panel als „vertane Chance“ bezeichnet wurde, war eher nicht verwunderlich.

Dennoch: Am Ende wären mehr konkrete(re) Resultate und Lösungsansätze wünschenswert gewesen. Denn nur mit fairen Wettbewerbsbedingungen, dem vielfach beschworenen „Level Playing Field“, für das die Politik maßgeblich verantwortlich sein muss, kann es gelingen, die maritime Wirtschaft in Deutschland sicher und nachhaltig für die Zukunft zu positionieren.

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