Editorial aus Schiff&Hafen 12/2020: Digital zur Klimaneutralität

Dr. Silke Sadowski, Chefredakteurin

Deutschland und die Welt befinden sich nun seit gut neun Monaten im Ausnahmezustand. Die Corona-Pandemie hat unser aller Leben massiv verändert und vieles, was uns vor einem Jahr undenkbar erschien, ist mittlerweile neue Normalität geworden. Bei allen persönlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen ist sowohl im privaten als auch im wirtschaftlichen Bereich eine bemerkenswerte Flexibilität und Anpassungsfähigkeit zu beobachten, die vielerorts hilft, die massiven Auswirkungen der Krise zumindest abzumildern. Ein zentraler Baustein, der zahlreiche der in den vergangenen Monaten initiierten Maßnahmen und Lösungen erst ermöglicht hat, ist dabei die Digitalisierung.

Von der Erhebung und Bewertung des Infektionsgeschehens bis hin zur Organisation unseres Arbeitsalltags – ohne die vielfältigen Möglichkeiten der digitalen Vernetzung wären die Folgen einer derartigen Pandemie ungleich dramatischer.

Dabei hat Corona für einen erheblichen Digitalisierungsschub gesorgt. Dies gilt uneingeschränkt auch für die maritime Branche. In hohem Tempo sind hier digitale Prozesse und Systeme integriert bzw. weiterentwickelt worden. Viele Services bis hin zu Inbetriebnahmen von Systemen an Bord können inzwischen komplett „remote“ durchgeführt werden.

Diese Beschleunigung hilft nicht nur bei der Bewältigung der speziellen Herausforderungen der Corona-Krise, sondern eröffnet ebenso neue Chancen im Kampf gegen den Klimawandel. So werden viele der nun etablierten Prozesse, wie z.B. die angesprochenen Remote-Services oder Video-Meetings, auch in der Post-Corona-Arbeitswelt Bestand haben und die Anzahl der (Fern)reisen stark reduzieren.

Aber die Palette der neuen Möglichkeiten geht weit über diese direkten Wechselwirkungen hinaus. So erzeugt beispielsweise die Verfügbarkeit von Daten über den Schiffsbetrieb bis hin zu Position und Ankunftszeit eine neuartige Transparenz, die dem Betreiber viele Ansatzpunkte zur Optimierung bietet, aber auch die Anforderungen der Kunden bzgl. nachhaltiger Transportketten stimuliert und die Einhaltung messbar macht. Die Unternehmen definieren zunehmend konkrete Zielsetzungen, wie und wann sie eine Klimaneutralität erreichen wollen, und schließen dabei explizit die Lieferketten mit ein. Neben IMO-Vorschriften und den gesetzlichen Vorgaben von EU und einzelnen Nationen wird damit auch der Markt wachsende Erwartungen an einen möglichst klimafreundlichen (See)transport aufbauen.

Wie die Beispiele zeigen: Die durch die Corona-Krise verursachte Beschleunigung der digitalen Transformation bietet neue Chancen für nachhaltige Effekte sowohl auf das Klima als auch auf die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen.

Selbstverständlich gibt die digitale Welt nicht auf alle Anforderungen und Bedürfnisse die passenden Antworten. Insbesondere der direkte menschliche Kontakt kann hier auf Dauer nicht ersetzt werden. Veranstaltungen und Messen, wie die für die maritime Branche so wichtige SMM, können aktuell „nur“ digital stattfinden. Sie leisten zwar bis zu einem gewissen Grad den erforderlichen Informationsaustausch, lassen jedoch das persönliche Networking schmerzlich vermissen. Auch die vom Mai auf den 7.12. verschobene Schiff&Hafen-Konferenz Maritim 4.0 muss nun mit angepasstem Konzept als Online-Veranstaltung stattfinden. Vermutlich werden die Events auch nach Dezember einige der jetzt etablierten digitalen Tools beibehalten, doch sowie es wieder möglich ist, finden sie ganz sicher im gewohnten Präsenz-Format statt.

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