Katalysator der digitalen Transformation

Dr.-Ing. Silke Sadowski, Chefredakteurin

Der Monat Mai sollte für Schiff&Hafen ganz im Zeichen der Digitalisierung stehen. Im Mittelpunkt unsere mittlerweile fest etablierte Maritim 4.0-Konferenz mit dem entsprechenden großen Themenschwerpunkt in der aktuellen Heftausgabe. Das war der Plan. Wie nahezu alle Pläne wurde auch dieser durch das Corona-Virus, das inzwischen in allen Bereichen des öffentlichen, wirtschaftlichen und privaten Lebens den Ton angibt, durchkreuzt. Seine Ausbreitung wird zu einer gesellschaftlichen, medizinischen und ökonomischen Herausforderung von globaler Tragweite, deren Ausmaße heute nicht annähernd abschätzbar sind.

Fest steht jedoch, unsere Welt hat sich binnen kürzester Zeit komplett verändert und sie wird auch nach dieser Pandemie eine andere sein. Bemerkenswert dabei ist, dass insbesondere die Digitalisierung durch die aktuellen Ereignisse eine ungeahnte Beschleunigung erfährt. Und das betrifft wiederum alle genannten Bereiche – öffentlich, wirtschaftlich und privat. Die Wirtschaft nimmt dabei naturgemäß eine Schlüsselrolle ein – sie stellt die erforderlichen Technologien bereit und bedient sich ihrer, um das jeweilige Geschäft möglichst rasch und effizient an die neuen, sich stetig ändernden Randbedingungen anzupassen und zu optimieren. So schnell hat die Arbeitswelt schon lange keinen Paradigmenwechsel mehr durchlaufen. Und genau das ist auch in der maritimen Branche zu beobachten: Ob Häfen, Reedereien, Werften oder Zulieferer und Serviceorganisationen – in Rekordzeit werden kreative digitale Produkte entwickelt und eingesetzt. In gleichem Tempo steigen Akzeptanz und Nachfrage für deren Anwendung bei allen Beteiligten. Vielfach geht es um digitale Systeme, die den Bedarf an physischer Interaktion verringern bzw. komplett ersetzen. So bieten Klassifikationsgesellschaften Remote Surveys und Komponentenhersteller digitale Service- und Wartungsplattformen an. Aber auch Schifffahrt und Häfen werden kreativ, wenn es um die Planung und Steuerung der Warentransporte geht. Dabei geht es nicht nur um die effiziente Gewährleistung von stabilen Lieferketten oder das Management von Leercontainern, sondern auch um Solidarität wie beispielsweise mit der Priorisierung der Warentransporte unter dringlichen medizinischen Aspekten. Das sind einige Beispiele für kurzfristig umgesetzte pragmatische Lösungen, und jeden Tag kommen neue hinzu.

Aber auch mittel- und langfristig wird die Corona-Pandemie die Entwicklung von digitalen Prozessen noch einmal beschleunigen. So gewinnen hochautomatisierte bzw. autonome Assistenzsystemen auf Schiffen unter dem Aspekt der Schiffssicherheit bei Ausbruch einer Krankheit an Bord noch einmal an Relevanz.

Noch ist es verfrüht, ein Bild unserer Gesellschaft nach der Corona-Pandemie zu zeichnen. Auf jeden Fall jedoch wird sie „digitaler“ sein; aber hoffentlich auch solidarischer und nachhaltiger.

Und obgleich Online-Meetings, digitale Plattformen und Webinare zukünftig unseren beruflichen Alltag prägen werden, sind menschliche persönliche Kontakte dadurch nicht zu ersetzen. In dieser Überzeugung haben auch wir uns ganz bewusst entschieden, unsere diesjährige Maritim 4.0-Konferenz nicht digital, in Form entsprechender Webinare durchzuführen, sondern das gewohnte Format auf den 7. Dezember zu verschieben.

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