Aktuelle Entwicklungen im Containerverkehrs- und Chartermarkt

Dem jüngsten Marktbericht zufolge, der vom Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) für das Emissionshaus König & Cie erstellt wird, konnte man im zweiten Quartal dieses Jahres den bisher größten vierteljährlichen Zugang neuer Containerschiffskapazität beobachten und dieses hohe Wachstum dürfte anhalten: Experten von Braemar Seascope erwarten mit 1,5 Mio. TEU in 2012 die höchste Ablieferung an Kapazität, die selbst den bisherigen Rekord aus dem Jahr 2007 übertrifft. Die Liniengesellschaften haben damit zu kämpfen, diese zusätzlichen Einheiten wirtschaftlich einzusetzen, da die Handelsrouten, auf denen diese Schiffe (meist Ultra Post Panamax) eingesetzt sind, ein schwaches Nachfragewachstum aufweisen. Laut Lloyd’s List ist die gescheiterte Durchführung der geplanten Frachtratenerhöhungen zu Beginn dieses Monats ein weiterer Indikator für die negative Ratenentwicklung. Experten rechneten bereits früher mit einem Rückgang der Raten. Es bleibt abzuwarten, wie weit der Kaskadeneffekt zum Tragen kommt und ob erneut eine hohe Menge an Tonnage aus dem Dienst genommen wird.

Laut AXS Alphaliner  ist in den letzten zwei Wochen die Größe der inaktiven Containertonnage angewachsen. Als Grund werden sowohl das Auslaufen von Charterverträgen einiger Schiffe als auch die Einstellung von einigen Liniendiensten genannt. Aufgrund des schwächeren Nachfragewachstums gestaltet es sich schwieriger als noch vor kurzem, diese Schiffe wieder in Dienst zu bringen. Damit ist zum ersten Mal seit November 2010 die inaktive Flotte gestiegen. Insgesamt waren Ende Juni 74 Schiffe außer Fahrt, zwei Wochen zuvor waren es noch 60 Schiffe. Die Kapazität an inaktiver Tonnage hat sich damit von 75000 TEU auf 95000 TEU erhöht. Bei diesen Einheiten handelt es sich meist um Schiffe der Größenklasse 500-2000 TEU.

Trotz der sich anbahnenden Anspannung auf den Chartermärkten wurden in den letzten Wochen Neubauaufträge in nennenswertem Umfang gemeldet: Fearnleys Weekly  berichtet über 40 neue georderte Containerschiffe mit einer Gesamtkapazität von rund 444600 TEU. Deutlich herausragend waren darunter die Bestellungen von Maersk für zehn Containerschiffe mit je 18000 TEU, von NOL für zehn Containerschiffe mit je 14000 TEU sowie eine Order von Seaspan für sieben Schiffe mit je 10000 TEU.

Die Eigner von Containerschiffen waren in den letzten Wochen nicht mehr in der Lage, dem fundamentalen Druck auf die Charterraten Stand zu halten. Das sich ausweitende Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Frachtmarkt spiegelt sich in dem Vorgehen der Liniengesellschaften wider, Containertonnage aus ihren Diensten abzuziehen. Zum Anfang des Jahres konnte sich der Chartermarkt davon noch relativ unbeeinträchtigt zeigen. Einerseits versuchten die Liniendienstanbieter, sich auch im Angesicht steigender Charterraten die Tonnage zu sichern. Andererseits nahmen sie sinkende Frachterlöse im Wettbewerb um Marktanteile und die Auslastung der Tonnage in Kauf. Von den zu dieser Zeit erreichten höchsten Ratenabschlüssen im Nachgang der Krise haben die Märkte nun wieder nachgegeben. Dabei liegen Raten für die meisten Schiffstypen weiterhin über den Werten der zweiten Jahreshälfte 2010.

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