Bureau Veritas will klare Mehrheit am Germanischen Lloyd

Der französische Technik-Dienstleister Bureau Veritas will sich nur mit einer klaren Mehrheit am deutschen Wettbewerber Germanischer Lloyd (GL) beteiligen. Das sei eine notwendige Voraussetzung, um die Zentrale der künftigen gemeinsamen Abteilung für maritime Dienstleistungen nach Hamburg verlegen zu können, sagte der Chef von Bureau Veritas, Frank Piedelièvre, am Montag der dpa in Hamburg. Es sei das Ziel von Bureau Veritas, die Stärken der beiden Unternehmen zu bündeln. Deshalb habe er in der vergangenen Woche das Kaufangebot an alle rund 50 Aktionäre des Germanischen Lloyd unterbreitet. Die Entscheidung soll spätestens kurz vor Weihnachten fallen.

Ob die Kaufpläne des Bureau Veritas sich realisieren lassen, ist gegenwärtig offen. Aus Sicht der Franzosen hätte eine Übernahme für alle Beteiligten nur Vorteile. Der GL ist weltweiter Marktführer für die technische Überprüfung und Genehmigung (Klassifizierung) von Containerschiffen, Bureau Veritas ist dagegen stark bei Gastankern, Fähren und Kreuzfahrtschiffen. Beide Gesellschaften wachsen gegenwärtig stark und stellen neues Personal ein, wobei Bureau Veritas deutlich größer und im Angebot seiner Dienstleistungen vielseitiger ist. Der Umsatz der Franzosen liegt bei rund 1,6 Milliarden Euro, die Hamburger wollen in diesem Jahr auf 355 Millionen Euro kommen. Der GL beschäftigt 3200 Mitarbeiter, davon rund 1400 in der Hamburger Zentrale.

«Eine Allianz zwischen Bureau Veritas und GL wäre die führende Gesellschaft für die maritime Klassifikation weltweit», sagte Piedelièvre. «Eine solche Position wäre besonders in Asien wichtig, wo größere Investitionen notwendig sind, um die Bedürfnisse der schnell wachsenden Schifffahrt zu erfüllen.» Die Marine-Abteilungen von Bureau Veritas und GL hätten zusammen 13 000 Schiffe technisch zu prüfen und zu betreuen, das entspricht 16 Prozent der weltweiten Tonnage und 26 Prozent der Schiffe, gemessen an der Stückzahl.

Der Germanische Lloyd gehört zu jeweils rund 25 Prozent Banken, Versicherungen und Reedereien und zu 15 Prozent Werften. Der Rest entfällt auf sonstige Eigentümer. In der Vergangenheit hatten die Besitzer Verkäufe abgelehnt und auch im europäischen Ausland waren Übernahme-Versuche von Klassifikationsgesellschaften gescheitert. Die Unternehmen untersuchen längst nicht mehr nur Schiffe, sondern auch andere technische Produkte, Bohrinseln oder Industrieanlagen.

Gegen den Verkauf an Bureau Veritas hat sich bereits der Betriebsrat des GL ausgesprochen, der den Verlust von Arbeitsplätzen fürchtet. Piedelièvre betonte dagegen, dass die weltweite Zentrale für die maritime Abteilung langfristige und sichere Arbeitsplätze schaffen werde. «Wir sind seit 1850 in Hamburg präsent und sehen die Stadt als idealen Standort an, wegen des Hafens, der maritimen Tradition und der Vielfalt der Industrien.»

Die Reeder sehen den geplanten Verkauf eher skeptisch. «Wir begrüßen es generell, wenn auf diesem Sektor möglichst intensiver Wettbewerb herrscht», sagte ein Sprecher des Verbandes Deutscher Reeder (VDR). Es gebe aber keine abgestimmte Verbandsmeinung und keine Empfehlung an die Reedereien, die Anteile am GL halten.

Piedelièvre sagte, er habe bereits im Vorfeld mit vielen der rund 50 Aktionäre gesprochen und positive Resonanz verspürt. Der gebotene Preis ist nicht veröffentlicht, er sei aber «fair», erklärte der Bureau-Veritas-Chef.

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