Dramatische Bieterschlacht um den GL

Die Bieterschlacht um den Germanischen Lloyd spitzt sich dramatisch zu. Diese Woche geht der Wettstreit in seine entscheidende Phase.

Drei Konkurrenten kämpfen um die Anteile an der Hamburger Klassifizierungsgesellschaft, die bis vor wenigen Wochen nur den Kennern der maritimen Welt ein Begriff war. Der französische Konkurrent Bureau Veritas war mit einem als feindlich eingestuften Übernahmeangebot vorgeprescht, der Hamburger Kaufmann und Milliardär Günter Herz zog aus Lokalpatriotismus ebenso wie aus wirtschaftlichem Kalkül nach. Nun liegt ein drittes Angebot vom TÜV Süd auf dem Tisch. Weitere Offerten sind zu erwarten.

Hinter den Kulissen herrscht hektische Betriebsamkeit, und es geht vor allem ums Geld. Die Mehrzahl der rund 50 Aktionäre - Banken, Versicherungen, Reedereien und Werften - ist mittlerweile bereit, sich von ihren Anteilen zu trennen. Vor allem die Banken sind unter der maßgeblichen Beteiligung der Commerzbank daran interessiert, einen möglichst hohen Preis zu erzielen und versuchen gegenwärtig, die Stimmen der Aktionäre in einem Pool zu bündeln. Nach einer ruppigen Aktionärsversammlung am Freitag, bei der ranghohe Vertreter des Hamburger Senats und des Bundesverkehrsministeriums hinauskomplimentiert wurden, geht es zwischen Vorstand und Eignern des Germanischen Lloyd nicht mehr richtig harmonisch zu.

Die Aktionäre haben den Vorstand aufgefordert, genauere Planzahlen zur weiteren Entwicklung der Geschäfte vorzulegen und wollen mehr über den Wert des Unternehmens wissen. Der Vorstand hat sich bislang eher bedeckt gehalten, um dem Konkurrenten aus Paris keine allzu tiefen Einblicke in die Geschäfte des Germanischen Lloyd zu ermöglichen. «Die Daten, die wir jetzt den Aktionären geben, sind noch am gleichen Tag bei Bureau Veritas», fürchtet ein ranghoher GL- Mitarbeiter. Die Franzosen könnten so ein passgenaues neues Angebot vorlegen.

Im Umfeld des Bureau Veritas befürchtet man hingegen ein unsauberes Spiel der Hamburger, um sich der unwillkommenen Offerte zu entledigen. Vorstandschef Frank Piedelièvre wird nicht müde zu betonen, dass die Übernahme durch Bureau Veritas die beste Lösung für den Germanischen Lloyd wäre. «Wir schaffen so die weltweit führende Gesellschaft für Schiffszertifizierung.» Die Logik werde noch nicht einmal von Kritikern bestritten. «Wir brauchen Bureau Veritas nicht», hält GL-Vorstand Rainer Schöndube unverdrossen dagegen, der auch die 3200 Beschäftigten an seiner Seite weiß. Um die Aktionäre zu gewinnen, muss Piedelièvre sein Anfangsangebot von 500 Millionen Euro kräftig aufstocken.

In dieser Woche werden entscheidende Weichen gestellt. Am Montag ist zunächst eine Betriebsversammlung der Hamburger Mitarbeiter angesetzt, die vom Vorstand über die weiteren Schritte informiert werden. Am Mittwoch läuft das Angebot des TÜV Süd ab, am Freitag die Offerte von Günter Herz. Ebenfalls am Freitag ist abermals ein Aktionärstreffen anberaumt und am Montag hat Bureau Veritas die Aktionäre eingeladen, über ihr Angebot zu sprechen. Ob diese Fristen und Termine eingehalten werden oder die Übernahmeschlacht einen anderen Verlauf nimmt, ist offen. «Hier wird Poker gespielt», sagt ein Insider. «Wer zuerst die Nerven verliert, der verliert auch das Spiel.»

Mehr: In der Tagesausgabe des THB Deutsche Schiffahrts-Zeitung.

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