Erste Anhörung vor Bau der Ostsee-Pipeline

Mit einer ersten Anhörung von 29 Verbänden, Behörden und Kommunen hat am Dienstag in Stralsund der Genehmigungsmarathon für den Bau der 1200 Kilometer langen Ostsee-Pipeline begonnen. Das deutsch-russische Konsortium Nord Stream AG will 2008 mit dem Bau der Erdgas-Trasse beginnen. Der Zeitplan ist dem Nord Stream-Sprecher Jens D. Müller zufolge sehr ehrgeizig. Dennoch gehe man davon aus, dass das Genehmigungsverfahren bis dahin abgeschlossen sei. Auf Grundlage der Stellungnahmen gebe es in den nächsten Monaten umfassende Untersuchungen, betonte er.

Im Mittelpunkt der Anhörung durch das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie und das Bergamt Stralsund standen die Belange für den Trassenverlauf über dem deutschen Festlandssockel. Darüber hinaus sind in Dänemark, Schweden, Finnland und Russland noch nationale Zulassungsverfahren erforderlich. Dort durchquert die künftige Trasse entweder Territorialgewässer oder die so genannten ausschließlichen Wirtschaftszonen.

Als eine der größten Hürden dürfte sich Umweltorganisationen zufolge der Umgang mit Rüstungsaltlasten in der Ostsee erweisen. Verbände wie BUND und WWF erwarten dazu umfangreiche Untersuchungen. Wegen des Untersuchungsbedarfs sei bereits ein Zeitverzug von zwei bis drei Jahren bis zum Ende des Genehmigungsverfahrens absehbar, sagte der Leiter des WWF-Ostseebüros, Jochen Lamp. «Die vorliegenden Unterlagen taugten nicht dazu, in ein Genehmigungsverfahren zu gehen», sagte er.

Der BUND geht davon aus, dass mindestens 40 000 Tonnen Kampfmittel nach Kriegsende in der zentralen Ostsee versenkt wurden. Die deutsche Ostseeküste gelte als Hauptversenkungsgebiet für konventionelle Munition, sagte BUND-Landesgeschäftsführerin Corinna Cwielag. Wegen der extrem schlechten Datenlage sei zu befürchten, dass es weitere Munitionsvorkommen in der Ostsee gibt. «Wir erwarten, dass die Munition nicht - wie von Nord Stream beabsichtigt - verschoben, sondern geborgen und fachgerecht an Land entsorgt wird», sagte sie. Durch Unterwasserdetonationen könnten Meeressäuger noch über zehn Kilometer Schädigungen an den Hörorganen sowie Lungenrisse erleiden.

Unklar ist laut WWF zudem, wie die Pipeline in freihängenden Abschnitten über Unterwassergräben verlegt werden sollen. Nord Stream favorisiert nach eigenen Angaben für die Querung des Greifswalder Boddens und der Boddenrandschwelle die Verlegung der Leitung in einem Graben, der danach wieder gefüllt werden soll. Bei der Seeverlegung soll die Pipeline auf dem Meeresboden installiert werden.

Für das Land Mecklenburg-Vorpommern bestehen aus touristischer Sicht keine Bedenken gegen das Vorhaben. In der Stellungnahme des Landes wird aber ein Variantenvergleich der vorgesehenen Bauverfahren sowie konkrete Aussagen zu Transport und Zwischenlagerung der Rohrstränge und der Baggergutverbringung angemahnt. Zudem müssten noch Unwägbarkeiten wie der Umgang mit Rüstungsaltlasten berücksichtigt werden, sagte Graham Butt vom Wirtschaftsministerium. Er betonte zugleich, dass sich das Land vom Bau der Pipeline die Schaffung von Arbeitsplätzen erhoffe.

Nach Angaben des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) ist die Dauer des Genehmigungsverfahrens abhängig von der Fertigstellung der Umweltverträglichkeitsstudie durch Nord Stream. Nach Schätzungen des BSH kann möglicherweise im Herbst 2007 mit der Studie gerechnet werden. Danach würden in den Anhörungsverfahren nochmals die betroffenen Verbände und Behörden gehört, sagte der Leiter der Rechtsreferats, Christian Dahlke.

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