Erweiterte Aufgabe für die Marine

Die Bundeswehr soll nach den Plänen der Bundesregierung auch bei Terror-Anschlägen im Inland eingesetzt werden. «Wir müssen mit Terrorangriffen rechnen, die vergleichbar sind mit kriegerischen Angriffen früherer Art», sagte Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) am Freitag bei einem Besuch der Schnellbootflottille der Marine in Rostock. Auf dem Programm stand auch ein Manöver, zu dem der Minister vom Stützpunkt Hohe Düne aus mitfuhr. In Hohe Düne liegen zehn Schnellboote in zwei Geschwadern. Ende Juni werden sie im Rahmen der Umstrukturierung der Streitkräfte der Einsatzflottille 1 in Kiel unterstellt, der auch die U-Boote und Minenabwehreinheiten angehören werden

Vor Ort erklärte Jung, dass es bei einem Terrorangriff möglich sein solle, den Verteidigungsfall auszurufen. In Deutschland könne nicht mehr strikt zwischen innerer und äußerer Sicherheit getrennt werden. «Daher braucht man im Grundgesetz eine Klarstellung», so Jung.

Die Pläne gehen aus dem Entwurf des neuen Weißbuchs zur Sicherheitspolitik vor, bestätigte Jung entsprechende Medien- Berichte. Die Bundesregierung will nach Angaben der Zeitung «Die Welt» in dem Weißbuch auch die Wehrpflicht festschreiben. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums wollte sich inhaltlich nicht dazu äußern. Das Weißbuch sei noch in der Abstimmung im Kabinett.

Eine Grundgesetzänderung des Verteidigungsbegriffs sei aber nicht geplant, obwohl es seit dem Grundgesetz von 1949 andere Bedrohungen gebe. Die SPD und die Gewerkschaft der Polizei lehnten einen Einsatz der Bundeswehr bei Terror-Anschlägen ab.

Jung sagte, der Auftrag der Bundeswehr habe sich seit dem Weißbuch von 1994 vom reinen Verteidigungsauftrag zur Armee im Einsatz gewandelt. Die «Bild»-Zeitung zitierte aus dem Entwurf: «Infolge der neuartigen Qualität des internationalen Terrorismus sind heute Anschläge Realität geworden, die sich nach Art, Zielsetzung und Intensität mit dem herkömmlichen Begriff des Verteidigungsfalls gleichsetzen lassen.» Die Bundeswehr müsse «immer dann eingesetzt werden können, wenn nur sie über die erforderlichen Fähigkeiten verfügt, um den Schutz der Bevölkerung (...) zu gewährleisten».

Der designierte SPD-Chef Kurt Beck wandte sich gegen eine Verfassungsänderung: «Ich warne vor einer Diskussion, die statt Sicherheit Unsicherheit produziert», sagte er der «Allgemeinen Zeitung» aus Mainz. Er sehe derzeit keine Notwendigkeit für eine Grundgesetzänderung. Es sei bewährte verfassungsmäßige Ordnung, innere und äußere Sicherheit auseinander zu halten. Der SPD- Verteidigungspolitiker Jörn Thießen sagte dem Internetportal «truppen.info», ein solcher Einsatz «wäre mit erheblichen Konsequenzen verbunden». «Das halte ich für falsch.»

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) wies die Pläne zurück. «Mit einer solchen Forderung vergreift sich der Verteidigungsminister in der Dimension», sagte der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg. In Deutschland könne der Verteidigungsfall nur bei einem Angriff auf das gesamte Bundesgebiet ausgerufen werden. Die GdP verwies auch auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Februar. Danach dürfen entführte Passagierflugzeuge in Deutschland nicht abgeschossen werden, auch wenn die Regierung keine andere Möglichkeit zur Abwehr eines Terroranschlags sieht.

Die Wehrpflicht sichert der Bundeswehr «ein umfangreiches Potenzial schnell verfügbarer Kräfte zum Schutz Deutschlands», zitiert «Die Welt» aus dem Weißbuch. Die Truppenstärke werde auf 252 500 Soldaten festgeschrieben und die Bundeswehr in drei Kategorien unterteilt. 35 000 Mann bildeten Eingreifkräfte, die «friedenserzwingende Maßnahmen gegen einen vorwiegend militärisch organisierten Gegner» durchsetzen sollen. 70 000 Soldaten dienten als Stabilisierungskräfte für Operationen niedrigerer und mittlerer Intensität und längerer Dauer, 147 500 Soldaten seien Unterstützungskräfte.

Auf die Marine kämen künftig erweiterte Aufgaben zu: Sie soll nicht mehr allein vor den Küsten, sondern auch in großer Entfernung und unter Bedrohung vor fremden Küsten operieren können.

Festgeschrieben werden in dem Weißbuch der «Welt» zufolge auch wichtige Rüstungs-Investitionen wie der Eurofighter, das Transportflugzeug A 400 M, Hubschrauber wie Tiger und NH 90 sowie der Schützenpanzer Puma. Die NATO werde als der «stärkste Anker der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik» beschrieben.

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