Europas Fähren werden sicherer

Europas Fähren sind sicherer geworden: Nach dem ADAC-Fährentest 2006 fahren mehr als die Hälfte der 30 überprüften Passagierschiffe auf hohem Sicherheitsniveau. «Die Zeit der schlimmsten Seelenverkäufer läuft ab», meinte der ADAC-Vizepräsident für Tourismus, Max Stich, am Dienstag in Hamburg. Testsieger wurde die «Olympic Champion» der griechischen Anek Lines. Anders als im Vorjahr, als der Automobilclub noch vor einem halben Dutzend unsicherer Fähren im Mittelmeer warnte, gab es 2006 nur einen «traurigen Ausreißer».

Die zwischen Milazzo auf Sizilien und Neapel fahrende «Sansovino» der italienischen Reederei Siremar fiel mit der Note «mangelhaft» durch. Was die Tester an Bord sahen, ließ ihnen die Haare zu Berge stehen: Alte Schwimmwesten waren schmutzig und vielfach ohne die vorgeschriebenen Lichter und Pfeifen. Eine große Kiste mit Schwimmwesten war sogar mit dicken Seilen vertäut. Die Brandschutzmittel waren vergammelt, die Reling an Deck durchgerostet. «Ein Szenario, das man sich schlimmer nicht vorstellen kann», fasste Stich das Ergebnis der 150 einzelnen Prüfpositionen zusammen.

Als nach dem Test der ADAC an Bord der «Sansovino» im Hafen filmte, wollte die Besatzung für eine Übung ein Rettungsboot zu Wasser lassen. Das dauerte allerdings 35 Minuten. «Nicht auszudenken, wie es dann in Notfall-Hektik auf hoher See ausgeht, da ist alles zu spät», meinte Robert Sauter, beim ADAC zuständig für Verbraucherschutz.

Seit 1994, als beim Untergang der «Estonia» in der Ostsee 800 Menschen starben, sind laut ADAC bei mehr als 30 schweren Fährunglücken 4000 Menschen ums Leben gekommen. Weltweit seien knapp 1200 Fähren unterwegs, bei denen Autos selbst an und von Bord fahren können. Davon verkehren 190 in der Ostsee, 111 in der Nordsee und 388 im Mittelmeer. 2005 wurden mit diesen Schiffen rund 1,3 Milliarden Menschen transportiert, 511 Millionen davon in Nord- und Ostsee sowie im Mittelmeer. «Diese Zahlen machen deutlich, welches Gefahrenpotenzial hier schlummert», betonte Stich.

Vor zehn Jahren begann der ADAC mit Tests. «Europas Autofähren sind heute wesentlich sicherer als 1996,» stellte Stich fest. So reagierte die EU-Kommission nach Veröffentlichung der ersten alarmierenden Ergebnisse mit neuen Richtlinien über Sicherheitsvorschriften und verbindliche Überprüfungen. Reeder akzeptieren nun auch unangemeldete Stichproben von Sicherheitskontrollen. Mannschaften werden nach Einschätzung des ADAC besser auf Notfälle vorbereitet als in früheren Jahren.

Was sich die Tester für die Zukunft auf allen Fähren wünschen, ist an Bord des Testsiegers «Olympic Champion» der griechischen Anek Lines schon Realität. Das zwischen Ancona in Italien und Patras in Griechenland verkehrende Schiff bekam in allen Kategorien die Bestnote «sehr gut». Nicht nur die moderne technische Ausstattung, auch die «souveräne und verantwortungsbewusste Crew» hätte überzeugt.

Anders als im Vorjahr, als es noch ein deutliches Nord-Süd-Gefälle in Sachen Sicherheit gab, kreuzen nun drei von vier «sehr guten» Kandidaten im Mittelmeer. Zusammen mit 13 «guten» Schiffen sind sie nach dem Test in «vorbildlichem Zustand».

Auf allen Schiffen sind allerdings auch die Passagiere gefordert.Alle Fahrgäste sollten die Sicherheitshinweise an Bord aufmerksam studieren, meinte Sauter: «Das sind nur fünf Minuten für das eigene Überleben.» Weitere Informationen unter www.adac.de

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