Gute Chancen für Europas Werften

EU-Industriekommissar Günter Verheugen sieht trotz der Werften-Expansion in Fernost auch in Zukunft gute Überlebens- und Wachstumschancen für deutsche und europäische Schiffsbauer. Dazu seien allerdings erhebliche Anstrengungen bei der Verbesserung heutiger Schiffstechnik und der Entwicklung neuer Schiffskonzepte erforderlich, betonte der Vizepräsident der EU- Kommission am Freitag bei der ersten Europäischen Schiffbaukonferenz in Nürnberg. «Im Moment befindet sich die Branche auf einem Wachstumspfad. Aber wenn wir uns nicht rechtzeitig vorbereiten, könnte schon bald eine neue Krise kommen», sagte der Vizepräsident der EU-Kommission vor rund 150 Konferenz-Teilnehmern.

Mit Sorge beobachte die EU den rasanten Ausbau der Werftindustrie in China. Da sich die Chinesen auf den Markt der Massengutfrachter konzentrierten, der im europäischen Schiffsbau kaum eine Rolle spiele, seien europäische Werften davon zunächst weniger betroffen als etwa Korea. «Die koreanischen Schiffsbauer werden dadurch aber so unter Druck geraten, dass sie den Druck an uns Europäer weitergeben», befürchtet der EU-Industriekommissar. Nach erfolglosen Bemühungen auf internationaler Ebene bemühe sich die EU nun in bilaterialen Gesprächen mit Korea um Vereinbarungen über einen fairen Wettbewerb. Noch immer werde der koreanische Schiffsbau mit wettbewerbsverzerrenden staatlichen Beihilfen gestützt.

Die europäischen Schiffsbauer profitieren nach Verheugens Einschätzung derzeit davon, dass sie die modernsten und innovativsten der Welt seien. Diesen Vorteil müssten sie mit hohen Investitionen in Forschung und Entwicklung sichern, appellierte Verheugen an die Wertindustrie. Dazu gehörten auch Konzepte für umweltfreundliche Schiffe mit energieeffizienten Antrieben. Während sich solche Konzepte bei Yachten und Kreuzfahrtschiffen längst durchgesetzt hätten, hinke die Handelsschifffahrt derzeit in diesem Punkt noch hinterher. «Ich denke aber, dass künftig der Druck auf die Werften zunehmen wird, umweltfreundliche Schiffe zu bauen», prognostizierte der EU-Kommissar.

Ein Pluspunkt der europäischen Schiffsbauer ist nach Verheugens Einschätzung auch die gute Ausbildung der Beschäftigten in der EU. Dieser Faktor wiege - zusammen mit der großen Bereitschaft zu technischen Weiterentwicklungen - die geringen Lohnkosten in Fernost auf. Vertreter europäischer Schiffsbau- und Schiffsbauer-Verbände betonten außerdem die in Europa ausgeprägte Fähigkeit, eine Vielzahl der am Schiffbau beteiligten Firmen und Experten zu koordinieren. «Diese gerade im Schiffbau wichtige Fähigkeit ist in China und Korea wesentlich geringer ausgeprägt», unterstrich der Vorsitzende des Europäischen Rates der Schiffsausrüster (European Marine Equipment Council), W. M. van Gulpen.

Teilen
Drucken
Nach oben