Marine-Ehrenmal bleibt umstritten

Imposant, hässlich, bombastisch, eindrucksvoll - die Meinungen über das Marine-Ehrenmal in Laboe an der Kieler Förde gingen schon immer weit auseinander. Das vor allem auch politisch umstrittene Bauwerk mit Gedenkhalle und Turm, in dem 341 Stufen bis zur 85 Meter hohen Aussichtsplattform führen, lockt dennoch - oder auch deshalb - unvermindert die Menschen an. Allein in den vergangenen 50 Jahren waren es schätzungsweise 15 Millionen. Vor jetzt genau 80 Jahren - am 8. August 1927 - legte der Ehrenpräsident des Bundes Deutscher Marinevereine, Admiral a.D. Reinhard Scheer, den Grundstein für das Ehrenmal. Dabei sprach er die damals brisante politische Widmung: «Für Deutsche Seemannsehr', für Deutschlands schwimmende Wehr, für beider Wiederkehr.» Dieser Satz drückte die Haltung aus, Deutschland brauche nach dem verlorenen Weltkrieg eine größere Marine als sie der Versailler Vertrag erlaubte. So sollten einerseits Hinterbliebene in Laboe ihrer Toten, für die es kein Grab gab, gedenken können. Andererseits sollte es Besuchern die Notwendigkeit einer starken Marine vor Augen führen.

Der Entwurf des Düsseldorfer Architekten Gustav August Munzer hatte im April 1927 den Zuschlag bekommen. Er wollte ein Bauwerk schaffen, das «mit der Erde und See fest verwurzelt und gen Himmel steigend wie eine Flamme ist». Zur Einweihung am 30. Mai 1936 gab es einen Staatsakt, bei dem Adolf Hitler anwesend war, aber keine Rede hielt. Der Entwurf entsprach nicht Hitlers Vorstellungen. Er nannte den Bau später ein «Kitschprodukt sondergleichen». Dennoch nutzte das Nazi-Regime die Gedenkstätte zu Propaganda-Zwecken. In der Gedenkhalle stand fortan der Satz: «Wir starben für Dich.» Im Zweiten Weltkrieg blieb das Marine-Ehrenmal unbeschadet. 1946 erklärte die britische Militärregierung, dass das Bauwerk nicht den Krieg verherrliche, sondern ein persönlicher Tribut für die «im Dienst des Landes gefallenen Angehörigen der Marine ist». Diese positive Einschätzung sowie das Engagement Laboer Bürger waren entscheidend für den Erhalt des Ehrenmals.

1954 ging es in den Besitz des neu gegründeten Deutschen Marinebunds über. Mit den neuen Eigentümern begann auch ein verändertes Verständnis des Ehrenmals. So hieß eine Widmung fortan - obwohl umstritten «Dem Gedenken aller toten deutschen Seefahrer beider Weltkriege und unserer toten Gegner». Das Bauwerk blieb dennoch in der Nachkriegszeit eine Art Pilgerstätte für «Unverbesserliche», wie sie der heutige Vizepräsident des Marinebundes, Peter Mattsson, nennt. Die neue Generation im Marinebund sprach sich strikt gegen jedes rechte Gedankengut aus. Man bekenne sich zur wechselhaften Sinngebung des Ehrenmals von «Rache» und revisionistischem Kampf gegen den Versailler Vertrag hin zu Völkerverständigung und Friedensbewahrung. Die Aufschrift «Wir starben für Dich» wurde 1996 in «Den auf See Gebliebenen» umgewandelt. Zudem lautet die Sinngebung des Ehrenmals seit 1995: «Gedenkstätte für die auf See Gebliebenen aller Nationen. Mahnmal für eine friedliche Seefahrt auf freien Meeren.»

Umstritten wie eh und je ist das Ehrenmal in diesen Tagen auch aus einem ganz anderen Grund. Am 12. August wird dort die Verdi-Oper «Nabucco» aufgeführt. Der frühere beratende Historiker des Deutschen Marinebundes, Dieter Hartwig, initiierte eine Unterschriftenliste gegen dieses Spektakel. «Es ist geschmacklos, eine derartige Veranstaltung auf einem Ersatzfriedhof aufzuführen. Wir wollen Gedenken und keine beliebigen Musikveranstaltungen.» Dagegen sagt Mattsson: «Nabucco ist seriös und nicht schlimm. Es wird ein beeindruckendes Konzert vor beeindruckender Kulisse.» Die Reaktionen auf die Aufführung habe er allerdings zu Beginn unterschätzt. «Aber der Gegenwind war zugleich Rückenwind für unsere Bemühungen.» Seitdem setze sich die Öffentlichkeit mehr mit dem Bauwerk und seiner Geschichte auseinander. «Alle können so sehen, dass der Marinebund weltoffen und das Bauwerk kein bedrohliches Gebäude ist.

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