Maritime Wirtschaft im Nordosten schlägt Alarm

Die maritime Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern hat großen Fachkräfte-Bedarf. «Wir haben hier einen riesigen Wachstumsmarkt, aber uns geht das qualifizierte Personal aus», sagte der Hauptgeschäftsführer der IHK Rostock, Rolf Paarmann. Derzeit arbeiten nach seinen Angaben in diesem Wirtschaftszweig 30 000 Menschen, er sei damit «die strukturbestimmende Branche im Land».

Paarmann appellierte deshalb an die neue rot-schwarze Landesregierung, die überragende Position dieses Wirtschaftszweiges in zukunftsweisende Politik umzusetzen. Dazu gehörten in erster Linie Investitionen in die Bildung an Schulen, Berufs- und Hochschulen. «Da das Wirtschafts- und das Bildungsministerium nun in der Hand der CDU liegen, ist eine enge Zusammenarbeit und damit die Schaffung von Synergieeffekten möglich», sagte Paarmann.

Zur maritimen Wirtschaft gehören Schiffbau, Schifffahrt und Zulieferer, Logistik und Hafenwirtschaft, aber auch Offshore-Energie und Teile des Tourismus. Derzeit könnten allein im Bereich Schiffbau und Zulieferer mehr als 500 qualifizierte Stellen vom Ingenieur bis zum Facharbeiter besetzt werden, doch es finde sich kein Bewerber, sagte Paarmann. Der Arbeitskräftebedarf ist ein wesentliches Thema der zweiten Zukunftskonferenz der Maritimen Wirtschaft Mecklenburg-Vorpommerns kommende Woche (14./15. November) in Rostock.

Dabei ist der Personalmangel in den einzelnen Branchen durchaus unterschiedlich. Prinzipiell sieht Paarmann einen riesigen Bedarf an wissenschaftlich qualifizierten Mitarbeitern, dies gelte für den maritimen Bereich ebenso wie für die Zulieferer im Bereich des Flugzeugbaus. «Da kommen wir langsam an die Grenzen, was unsere Hochschulen leisten können», sagte Paarmann.

Der Sprecher von Aker Yards Germany, Matthias Trott, bestätigte den IHK-Chef. Bereits heute würden bis zu 30 Fachleute vor allem im Bereich Schiffskonstruktion gesucht, aber auch Schiffbauingenieure seien Mangelware. «Es ist jetzt schon eng und der Bedarf wird weiter wachsen.» Denn der Altersdurchschnitt in den Fachabteilungen liege schon recht hoch. Er betonte, dass in diesen Fachbereichen eine längere Einarbeitungszeit nötig ist. «Von heute auf morgen geht das nicht», sagte Trott.

Auch die deutsch-dänische Fährgesellschaft Scandlines, die seit vielen Jahren nicht nur seefahrendes, sondern auch kaufmännisches Personal ausbildet, leidet unter einem Personaldefizit. «Mit der Qualität der Ausbildung des Fachbereiches Seefahrt der Hochschule Wismar sind wir sehr zufrieden. Im Bereich der Berufsausbildung gibt es aber immer noch Defizite», sagte Scandlines-Vorstand Uwe Bakosch. Er würde gerne sofort junge Menschen zu Schifffahrtskaufleuten ausbilden, aber in Rostock würden keine entsprechenden Ausbildungsgänge an den Berufsschulen angeboten.

Der Chef der Landesarbeitsagentur, Jürgen Goecke, zieht einen derzeitigen allgemeinen Fachkräftemangel außerhalb von Bereichen mit hohen Spezialanforderungen in Zweifel. «Wenn es im Einzelfall erforderlich ist, qualifizieren die Agenturen in Absprache mit den Unternehmen schnell und bedarfsorientiert», betonte er. Mit Blick auf den absehbaren Fachkräftemangel verwies er die Verantwortung zurück auf die Firmen: «Das einzige Mittel gegen Fachkräftemangel - das gilt für jede Branche - ist eine erhöhte Ausbildungsbereitschaft der Betriebe.»

Paarmann zog einen noch weiteren Kreis und verwies auf das technikkritische Klima in der Gesellschaft. Es müsse eine Umkehr in den Köpfen der jungen Leute herbei. «Die Schüler müssen sagen, Technik ist geil. Es macht auch mehr Spaß, Schiffbau zu studieren als Germanistik oder Lehramt, wo ich hinterher Taxi fahren kann.»

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