Muschelfischer beklagen Rückgang der Bestände

Schleswig-Holsteins Muschelfischer klagen über dramatische Einbrüche bei den Jungbeständen vor der deutschen Küste.

«Seit 2001 finden wir kaum mehr Muschelsaat», sagte der Sprecher der Erzeugergemeinschaft, Peter Ewaldsen, der dpa in Kiel. Junge Larven verschwänden wieder, bevor sie groß genug seien, um als Saat aufgefischt zu werden. Daher könne seine Branche auch kaum mehr neue Miesmuschelkulturen ansetzen. Die Ursachen sind noch umstritten.

Die Erzeuger erwägen nun, für Jungtiere Brutanstalten in Lagunen einzurichten oder Saat aus britischen oder skandinavischen Gewässern zu importieren. «Wir brauchen keine Fördermittel, wir brauchen Muschelsaat.» Es gebe aber große Hürden durch das Umweltrecht. Nach Verbandsangaben leben im hohen Norden 150 Familien von Muschelzucht.

Um bei der Verarbeitungsfabrik an der Westküste einen Produktionsstopp zu vermeiden, würden zurzeit fertige Rohmuscheln aus Skandinavien verwendet, erläuterte Ewaldsen. Muschelfischer könnten die Larven erst zur Aussaat verwenden, wenn sie etwa die Größe von Kaffeebohnen haben. Die Jungtiere würden jedoch nur noch eine Größe von einem Millimeter erreichen und kurz darauf nicht mehr auftauchen.

Eine Invasion von Fress-Feinden sei bei den Fundstellen aber zuletzt nicht beobachtet worden. «Unsere neue Vermutung ist, dass die Larven verhungern.» Grund könne ein Mangel an Stickstoff und Phosphor sein. Ausgerechnet der Rückgang der Meeresverschmutzung wäre dann schuld.

Der Kieler Meeresforscher Prof. Ulrich Sommer hält solchen Mangel für unwahrscheinlich. «Diese Theorie ist nicht aufrechtzuerhalten, das kann man so ziemlich ausschließen. Die Nordsee ist immer noch ein nährstoffreiches Meer.» Die Kieler Forscher halten zwei Varianten für wahrscheinlicher: Entweder leide die Muschel unter Eindringlingen im Ökosystem; oder aber der Temperaturanstieg in Nord- und Ostsee bringe den Kreislauf von Fressen und Gefressen werden durcheinander: «Die Larven könnten zu früh oder zu spät entstehen - zu einem Zeitpunkt, an dem es zu wenig Phytoplankton als Nahrung gibt», schildert Sommer.

Unter Federführung des Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften in Kiel (IFM-Geomar) hatten Wissenschaftler berechnet, dass sich der Lebenszyklus von Gliedern der Nahrungskette verschieben kann. Die Forscher hatten in mehreren Versuchen natürliche Bedingungen geschaffen, die Temperatur erhöht und die Auswirkungen beobachtet.

Die Muschelfischer wollen dagegen auch ihrer eigenen Theorie nachgehen, schilderte Ewaldsen. Forscher in den Niederlanden arbeiten zurzeit an Versuchsreihen, bei denen das Wasser künstlich mit Phosphor und Stickstoff angereichert wird, um die Folgen zu testen.

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