Offener Streit über Elbvertiefung

Im Streit um die geplante Elbvertiefung verhärten sich die Fronten zwischen Niedersachsen und Hamburg. Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) legte am Donnerstag im Landtag in Hannover nach und bekräftigte, dass er dem 330-Millionen-Projekt derzeit nicht zustimmen könne. Fragen der Ökologie und der Deichsicherheit seien nicht gelöst. Hamburgs Wirtschafssenator Gunnar Uldall (CDU) sagte dagegen in der wöchentlichen Senats-Videobotschaft, die Elbvertiefung habe keinerlei Auswirkung auf die Deichsicherheit: «Im Gegenteil: Wir werden die Tideeinströmungen etwas bremsen können.»

Auch bei der Einschätzung von Deichschäden aus der vorherigen Elbvertiefung zeichnet sich eine Konfrontation zwischen Niedersachsen und Hamburg ab. Die Elbe soll für die neue Generation noch größerer Containerschiffe erneut vertieft werden, das Planfeststellungsverfahren endet am 4. Mai. Wulff nahm am Donnerstag im Landtag rund 12 900 Unterschriften von Gegnern der Elbvertiefung entgegen, die um die Deichsicherheit fürchten. Er sei Wulff dankbar für die klaren Worte, sagte ein Sprecher des regionalen Bündnisses gegen die Elbvertiefung.

Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Dietrich Austermann (CDU) warnte Wulff vor einem Zickzackkurs. «Es gab eine klar abgestimmte Vorgehensweise und bereits mehrere Termine, bei denen keinerlei Vorbehalte geäußert wurden.» Selbst die bevorstehende Landtagswahl in Niedersachsen Anfang 2008 dürfe kein Grund für eine andere Position sein, «weil schließlich ganz Norddeutschland von der Elbvertiefung abhängig ist».

Wulff kritisierte im Landtag: «In Hamburg gibt es eine gewisse Wahrnehmung, die manchmal in Hamburg-Harburg endet.» Es müssten aber auch die Belange anderer Bundesländer fair wahrgenommen werden. Er forderte SPD, CDU, FDP und Grüne im Landtag auf, gemeinsam niedersächsische Interessen wahrzunehmen. Sie sollten nicht dem Hamburger Lebensgefühl Nahrung geben, das da laute: «Hannoveraner ist man nur in Hannover, Kölner ist man nur in Köln, aber Hamburger ist man in der ganzen Welt. Da müssen wir gemeinsam sagen, Niedersachsen ist auch noch da.» Hamburgs SPD-Vorsitzender Ingo Egloff hatte Wulff wegen dessen Bedenken bei der Elbvertiefung ein «falsches Spiel» vorgeworfen.

Wulffs Haltung wurde teils als Affront gegen seinen Parteifreund, Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust, gewertet. Der niedersächsische Regierungschef sagte der dpa: «Das Verhältnis zwischen Ole von Beust und mir nimmt überhaupt keinen Schaden.» Es gebe «vielleicht den einzigen Dissens, dass sich manche in Hamburg die Sache schlicht zu unproblematisch vorgestellt haben und die Auswirkungen nicht genügend betrachtet haben.» Rückendeckung erhielt Wulf vom Naturschutzbund (NABU): «Endlich hat ein hochrangiger Regierungsvertreter anerkannt, dass die letzte Elbvertiefung massive Schäden an dem Flusssystem nach sich gezogen hat.»

Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) will nun erreichen, dass der Bund alleine für die Kosten der seiner Meinung nach entstandenen Deichschäden der vorangegangenen Elbvertiefung aufkommt. «Über die finanzielle Aufteilung muss man sich nochmal unterhalten», sagte Sander der dpa.

Laut Hamburgs Wirtschaftssenator Uldall hat die jüngste Elbvertiefung dagegen gar keine Schäden verursacht. Nach Untersuchungen könne festgestellt werden, dass es keine negativen ökologischen Auswirkungen gebe. Uldall fügte an: «Ich möchte sogar das Gegenteil sagen.»

Der von Wulff ins Spiel gebrachte geplante Tiefwasserhafen Wilhelmshaven als Alternative für eine Elbvertiefung ist für den Unternehmensverband Hafen Hamburg keine Alternative. «Der JadeWeserPort wird mit einer geplanten Kapazität von rund 2,7 Millionen Standardcontainern nicht in der Lage sein, das prognostizierte Containervolumen aufzufangen», sagte Verbandspräsident Klaus-Dieter Peters. Die Anpassung der Elbfahrrinne sei nicht nur für die Hansestadt von großer Bedeutung: «Der Hamburger Hafen ist auch für Niedersachsen der zweitgrößte Arbeitgeber.» Aus rein ökonomischer Sicht macht eine Elbvertiefung auch in den Augen Wulffs Sinn, wie er im Landtag sagte.

Allein in der Metropolregion Hamburg sind nach Verbandsangaben rund 156 000 Beschäftigte direkt oder indirekt vom Hafen abhängig. Die gesamte Logistik-Branche, deren maßgeblicher Motor der Hafen ist, beschäftigt rund 230 000 Arbeitnehmer in der Region.

 

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