Tiefwasserhafen: Jüttner fordert Rücktritt von Hirche

Im politischen Streit um das Prestigeprojekt der Landesregierung - den Tiefwasserhafen in Wilhelmshaven - steht Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) unter Beschuss. Die Opposition warf ihm am Mittwoch im Landtag angesichts von Ungereimtheiten bei der Vergabe des Bauauftrags «Dilettantismus» vor und forderte seinen Rücktritt. Ein «Ausmisten des Saustalls» im Hause Hirche verlangten die Grünen. Vorwürfe des Missmanagements bei Projektplanern und eine politische Einflussnahme stehen im Raum. Zum Einsatz einer der schärfsten Waffe der Opposition - einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss - konnten sich SPD und Grüne am Mittwoch nicht entscheiden - ganz vom Tisch scheint diese Frage aber nicht.

Der Kanonendonner verhallte zunächst zwar folgenlos. Die Regierung sehe das für den boomenden Containerumschlag dringend benötigte 480- Millionen-Euro-Projekt nicht in Zeitverzug und EU-Zuschüsse nicht gefährdet, der Hafen werde bis 2010 gebaut, erwiderte Hirche. Wesentliche Fragen der Opposition blieben jedoch offen. Warum erhielt der zunächst nicht als Favorit geltende HOCHTIEF-Konzern plötzlich doch den Zuschlag, warum wurde der Chefplaner entlassen? «Gab es Koppelungsgeschäfte mit HOCHTIEF?», wie Wenzel fragt. Die Opposition wirft der Regierung nicht nur Missmanagement vor, sondern wittert eine politische Einflussnahme auf die Vergabe und will deswegen mit ihrer Forderung nach Aufklärung hart bleiben. Wenzel drohte am Mittwoch mit einem Untersuchungsausschuss, sollten CDU und FDP nicht auf seine Forderung nach einem Sonderermittler eingehen. «Wenn es hier keine Bewegung gibt», dann wolle er sich für einen Ausschuss einsetzen. Auch Jüttner hält dieses Instrument für angemessen. Allerdings läuft den Fraktionen die Zeit davon. «Wenn wir mitten in der Wahlperiode wären, müssten wir darüber nicht nachdenken», sagte Jüttner zum Einsatz eines Untersuchungsausschusses. Dieser könnte jetzt aber frühestens im Dezember zusammentreten. Die Regierungsfraktionen von CDU und FDP bezeichneten die Angriffe der Opposition in der Aktuellen Stunde des Landtags am Mittwoch als schwache Vorstellung. «Wir hatten uns auf schwere Minuten eingestellt», sagte CDU-Fraktionschef David McAllister. In der Tat nutzte Jüttner die gesamte mögliche Redezeit nicht einmal aus, um Wulff und Hirche Fehler vorzuwerfen. Jüttner dagegen erzählte, er habe auf den Ministerpräsidenten reagieren wollen, der schaltete sich aber nicht in die hitzige Debatte ein. Einige in der Opposition werteten das so, dass Wulff seinen Wirtschaftsminister nicht voll stützt und für ihn nicht in die Bresche springt. Wulff sagte der dpa am Rande des Plenums: «Der Minister aber auch die Mitarbeiter haben mein Vertrauen bei diesem Jahrhundertprojekt.» Ohne Mehrkosten und Zeitverzug werde der Hafen gebaut. Jüttner wirft der Landesregierung politische Einflussnahme vor. Hirche habe eine «brutale Intervention» in ein laufendes Bieterverfahren zugelassen. Er forderte, Wulff soll Hirche das Verfahren wegnehmen und in der Staatskanzlei einen Projektmanager einsetzen. Unter Druck gerät der Leiter der Stabstelle für das Hafenprojekt im Wirtschaftsministerium, dem auch in Kreisen der Regierungsfraktionen hinter vorgehaltener Hand klare Fehler vorgeworfen werden. Wulff sagte: «Bei einzelnen Beteiligen gab es eine zu starke Identifizierung und Emotionalisierung mit ihren Aufgaben.»

In der vergangenen Woche hatte das Oberlandesgericht (OLG) Celle den erteilten Bauauftrag für den favorisierten HOCHTIEF-Konzern gekippt. Das OLG ordnete stattdessen eine neue Prüfung des Konkurrenzangebotes der Papenburger Bietergemeinschaft Bunte an, die nun den Zuschlag erhalten soll. Jüttner bezeichnete dies als «eine Ohrfeige sondergleichen» für die Landesregierung. Er ist sich sicher, dass mit dem Bau des Tiefwasserhafens nun erst in vier bis fünf Monaten zu rechnen ist. Vor Baubeginn müssen ohnehin noch Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg über Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss abgewartet werden. Das OVG wollte sich noch nicht festlegen, ob es noch in diesem Jahr urteilt.

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