Traditionssegler "Alex" auf Heimatkurs

In den Werbespots stehen zumeist braun gebrannte Menschen an Deck. Doch in den vergangenen neun Monaten ist mancher der Blauwassersegler an Bord der «Alexander von Humboldt» durchaus grün im Gesicht gewesen. Nicht wegen der ebenso gefärbten Segel der Bark, sondern weil das größte deutsche private Segelschulschiff auf dem Törn nach Südamerika und zurück auch durch schweres Wetter fuhr. Am Sonntag kehrt das aus der Werbung für eine Bremer Brauerei bekannte Schiff nach Bremerhaven zurück - rechtzeitig zum 100. Geburtstag des als «Feuerschiff Kiel» gebauten Rumpfes.

Rund 25 000 Seemeilen (rund 45 000 Kilometer) hat die «Alex» auf ihrem bislang längsten Törn zurückgelegt. Doch gemessen an der «Gesamtfahrleistung» ist es wenig: «Insgesamt hat unser Schiff statistisch in 18 Jahren 18 Mal den Äquator umrundet», sagt der Geschäftsführer des Schiffseigners Deutsche Stiftung Sail Training (DSST), Christian Sedelmaier. Seit 1988 ist die Bark als «Schiff für die Jugend» im Einsatz - mehr als 30 000 Jugendliche und Junggebliebene haben seither einen Törn mit dem Segler absolviert.

Dass das fast 63 Meter lange und acht Meter breite Schiff einmal mehr 360 000 Seemeilen hinter sich legt, dürfte beim Bau des Rumpfes kaum jemand geahnt haben. Zwar wurde der 1906 nach der klassischen S-Spant-Konstruktion eines schnellen Seglers gefertigt - doch als «Feuerschiff Kiel» war es nur als Ersatz für schwimmende Seezeichen in der Elb-Mündung und der Kieler Außenförde gedacht. «Die Segelschiff-Konstruktion war für uns der große Anreiz, den Rumpf zu einer richtigen Bark umzubauen», sagt Sedelmaier.

Vor 20 Jahren verwirklichte eine Hand voll Bremer und Bremerhavener Nautiker, unterstützt von zwei Bremer Unternehmen, mit dem Umbau des Reserve-Feuerschiffes einen Traum. Mit der nach dem deutschen Entdecker Alexander von Humboldt benannten Bark schufen sie ein Schiff, das jungen Leute helfen soll, für sich selbst eine neue Welt zu entdecken.

«Du kommst als Fremder an Bord in eine fremde Welt; wenig später steht man schon abends am Steuer und lenkt das Schiff in die Nacht hinein; vielleicht klatscht gerade ein Delfin auf die Wasseroberfläche; und wenn Du nach einer Woche wieder von Bord sollst, hat Dich der Virus Segeln für immer infiziert», beschreibt Sedelmaier die Faszination «Alex».

Dass das Schiff einen grünen Rumpf hat, ist Zeichen der Traditionspflege der Sail Training Association Germany (STAG), die die Segelreisen organisiert. «Grün war die Traditionsfarbe der berühmten Rickmers-Reederei», sagt Sedelmaier, «die für eine große deutsche Segelschiffsflotte steht.» Die grünen Segel dagegen verdankt die «Alex» ihrem Co-Stifter und Hauptsponsor, der Bremer Brauerei Beck & Co.

Seit 18 Jahren bestimmt die Bark das Erscheinungsbild der Brauerei-Werbung. Auch wenn das Schiff inzwischen dabei dezent im Hintergrund steht, haben die belgischen Beck-Inhaber nach anfänglicher Skepsis inzwischen die Zugkraft des Segelschiffes erkannt. «Die ,Alex' steht für individuelle Freiheit und für die Botschaft, im Leben nicht unbedingt den bequemen Weg zu gehen», sagt Brauerei-Sprecher Jörg Schillinger.

Die Mitsegler auf der Bark wissen davon ein Lied zu singen. Manchmal hört es sich an wie das einst von Joe Cocker geröhrte «Sail Away»; manchmal ist es ein Klagelied: «Auf dem Südamerikatörn gab es etliche Rippenbrüche», weiß Sedelmaier. Von den vielen blauen Flecken, den grünen Gesichtern und den roten Schwielen an den Händen redet erst keiner. Die Möglichkeit, ihren Schmerz in Alkohol zu ertränken, haben die Segler dabei nicht: Obwohl die «Alex» im Binnenland nur das Beck's-Schiff heißt, gibt es für jedes Besatzungsmitglied höchstens eine Dose Bier pro Tag.

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