Über 400 Schiffe im Stau

Nach dem Frachter-Unglück auf dem Rhein steht die Binnenschifffahrt vor millionenschweren Verlusten und weiteren Geduldsproben. Rund 400 wartende Kapitäne können ihre Reise auf Europas wichtigster Wasserstraße voraussichtlich erst am Freitag fortsetzen. Am Dienstag begannen bei Köln die Bergungsarbeiten mit Spezialgerät. Als Grund für das Unglück gilt ein Riss im Rumpf des Frachters «Excelsior». Die Staatsanwaltschaft Duisburg bestätigte einen entsprechenden Bericht des «Kölner Stadt-Anzeigers». Insgesamt hatte die «Excelsior» bei der Havarie am Sonntag 31 Container verloren. Drei davon enthielten Gefahrgut. Seitdem ist der Rhein auf einer Strecke von rund 20 Kilometern gesperrt.

Die Sperrung verursacht nach Angaben des Bundesverbandes der Deutschen Binnenschifffahrt für jedes vor Anker gegangene Schiff rund 2000 Euro Betriebskosten pro Tag. Für die Bergung der Container setzten die Experten auch ein Taucherglockenschiff und mehrere Kranschiffe ein. Am Dienstagnachmittag machten sich Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) und NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP) in Köln-Zündorf ein Bild von den Bergungsarbeiten, die zunächst schleppend vorangingen. Tiefensee lobte die Einsatzkräfte: «Alles hat hervorragend geklappt.» Der SPD-Politiker sprach sich gegen eine vorschnelle Verschärfung der Vorschriften für die Container- Schifffahrt aus. «Wir haben ein sehr, sehr gutes Sicherheitssystem. Man muss erst mal Ursachenforschung betreiben», sagte Tiefensee.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Duisburg war ein Riss im Rumpf der «Excelsior» vermutlich der Grund dafür, dass das Containerschiff in Schräglage geraten war. «Durch den Riss war Wasser eingedrungen, das Schiff neigte sich, und die Ladung geriet ins Rutschen», sagte Oberstaatsanwalt Detlef Nowotsch. Sachverständige seien beauftragt worden, die den genauen Hergang klären sollen.

Das Wasser- und Schifffahrtsamt ging am Dienstag weiterhin von einer Sperrung des Rheins bis Freitag aus. «Wir tun alles, dass es schneller geht», sagte die Leiterin Birgitta Beul. «Jede Stunde zählt», erklärte Minister Tiefensee. Die Binnenschifffahrt rechnet mit einem Millionenschaden für die Reeder. «Solche Schäden werden von niemandem bezahlt. Das ist höhere Gewalt», sagte der Geschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Binnenschifffahrt, Jens Schwanen. Zu den Kosten für die wartenden Schiffe kämen noch die Belastungen für Schiffe hinzu, die wegen der Sperrung nicht losgefahren sind oder in entfernten Häfen ankern. Ausfallversicherungen gebe es in der Branche allgemein nicht.

Schadenersatzforderungen gegen den Verursacher dürften zudem wenig Aussicht auf Erfolg haben, erklärte der Jurist. Die Bergungsarbeiten drehten sich zunächst um zwei Gefahrgut- Behälter in Ufernähe. Bei den Arbeiten wurde auch ein Taucherglockenschiff des Wasser- und Schifffahrtsamtes eingesetzt. Solche Spezialschiffe ermöglichen ein Arbeiten im Trockenen auf dem Grund eines Gewässers. «Damit können Personen ohne Tauchausrüstung auf der Rheinsohle arbeiten», sagte Beul. Insgesamt befanden sich 17 Container in Ufernähe. Weitere 14 sind in der Fahrrinne gesunken.

Den beiden großen Rhein-Anliegern Ford und Bayer bereitet die Sperrung des Flusses keine größeren Probleme. Beide weichen notfalls auf die Schiene oder Straße aus, sagten Unternehmenssprecher. Da die Ford-Werke nördlich der Unfallstelle liegen, sei der Transport der Neuwagen zu den Häfen Rotterdam und Vlissingen kein Problem. Auch im größten europäischen Hafen Rotterdam verursacht die Rhein-Sperrung bislang keine Probleme. Ein Sprecher des Hafenbetriebs sagte, noch gebe es keinen Transportstau. Wenn Binnenschiffe zum Weitertransport der Güter fehlten, werde die Bahn eingesetzt. Das geschehe zum Beispiel auch bei ungünstigen Wasserständen auf dem Rhein.

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