UN warnt vor Überfischung der Meere

Die Vereinten Nationen warnen eindringlich vor der Überfischung der Meere und beklagen mangelnden politischen Willen, gegen die Bedrohung der dezimierten Bestände vorzugehen. Das geht aus dem neuen Fischereibericht hervor, den die Welternährungsorganisation (FAO) am Montag in Rom vorstellte. Insgesamt sei ein Viertel der Meeresfisch-Bestände gefährdet. Mehr als die Hälfte (52 Prozent) der Bestände würden bereits heute derart intensiv ausgebeutet, dass keine Steigerung mehr möglich sei, heißt es in dem «Sofia»-Report («State of the World Fisheries and Aquaculture 2006»).

Die gefährdeten Bestände seien entweder übernutzt (17 Prozent), stark zurückgegangen (7 Prozent) oder erholten sich langsam (1 Prozent). Besondere Sorge bereitet der FAO die Gefährdung von Fischen, die lange Wanderungen jenseits der nationalen Küstengewässer und staatlicher Einflussbereiche zurücklegen. Dazu zählen auch mehrere Haifischarten. Mehr als die Hälfte der wandernden Haie sowie zwei Drittel der übrigen wandernden Hochsee-Fische seien entweder übernutzt oder stark zurückgegangen. Dazu zählten der Seehecht, der Atlantische Kabeljau, der Heilbutt, der Blauflossentunfisch und der Riesenhai. Der stellvertretende FAO-Generaldirektor Ichiro Nomura kritisierte die mangelhafte Überwachung dieser Bestände.

Die Umweltstiftung WWF (World Wide Fund for Nature) forderte eine radikale Umkehr in der globalen Fischereipolitik. «Wir müssen die Plünderung der Ozeane stoppen. Der UN-Report macht deutlich, dass die von Politik und Wirtschaft versprochene Trendwende ausgeblieben ist», erklärte WWF-Fischereiexpertin Heike Vesper. Viele Staaten hielten sich nicht an die vereinbarten Fangquoten. Etliche Fischereien müssten die Fangmengen deutlich reduzieren oder den Fang so lange einstellen, bis sich die Bestände erholen. Das gelte zum Beispiel für den Roten Tunfisch im Mittelmeer oder den Kabeljau in der Nordsee.

Dabei ließen sich die weltweit 200 kommerziell besonders interessanten Fischarten nach Expertenansicht nachhaltig befischen. Dafür müsse die Politik die Überwachung der Fischerei allerdings deutlich ernster nehmen als bislang, sagte der Generalsekretär des Internationalen Rates für die Nutzung der Meere (ICES), Gerd Hubold, am Montag in Kopenhagen. Die rund 1600 im ICES (International Council for the Exploration of the Sea) zusammengeschlossenen Forscher geben Empfehlungen für die Fischerei im Nordatlantik.

«Wir müssen die Kontroll- und Management-Kapazitäten stärken», verlangte Hubold. Dazu sei eine bessere Zusammenarbeit von Staaten und Gremien nötig. Zudem müsse das Anlanden des Fangs in den Häfen weltweit besser überwacht werden. Bislang gebe es auch zu wenig Kontrolleure an Bord. «Dazu sind aber immer zwei bis drei Mann nötig, damit rund um die Uhr überwacht werden kann.» Zu den am meisten befischten und damit besonders problematischen Regionen gehören dem Bericht zufolge der Südost-Atlantik, der Südost- Pazifik, der Nordost-Atlantik sowie die Fischgründe im Indischen Ozean und im Atlantik. Hier seien zwischen 46 und 66 Prozent der Bestände überfischt oder bereits erschöpft. «Dieser Trend bestätigt, dass das Fangpotenzial der Weltozeane sehr wahrscheinlich seine Grenzen erreicht hat», erklärte Nomura. Damit werde «die Notwendigkeit eines behutsameren und effektiveren Fischmanagements» deutlich.

Ziel eines solchen Managements müsse es sein, «die erschöpften Bestände wieder aufzubauen und den Rückgang solcher Bestände zu verhindern», die derzeit zu stark ausgebeutet werden. Um die bedrohten Bestände der wandernden Fische zu schützen, müssten die bestehenden regionalen Überwachungs-Institutionen reformiert werden. Hier mangele es aber bisher am Handlungswillen der insgesamt 39 betroffenen Staaten. In solchen Organisationen regeln Fischernationen den Fang außerhalb ihrer nationalen Gewässer.

Der Report betont ausdrücklich die Chancen der Fischzucht in Aquakulturen. Mit einer Jahresproduktion von weltweit 47,8 Millionen Tonnen sei das «Aquafarming» weiterhin der am schnellsten wachsende Sektor der Nahrungsmittelindustrie. Während im Jahr 1980 lediglich neun Prozent des Fischkonsums aus künstlichen Fischkulturen kamen, seien es heute bereits 43 Prozent. Für die Aquakultur allerdings werden vielfach Fische in einem Erdteil gefangen und als Fischmehl verarbeitet zu Fischfabriken transportiert - Umweltschützer kritisieren das als nicht nachhaltig.

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