Zulassungsverfahren für Ostsee-Gaspipeline läuft
Für die 1200 Kilometer lange Gaspipeline durch die Ostsee ist das offizielle Zulassungsverfahren in Deutschland angelaufen. Das deutsch-russische Betreiberkonsortium Nord Stream AG hat die entsprechenden Bauanträge beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) und beim Bergamt Stralsund eingereicht, wie BSH-Justiziar Christian Dahlke am Dienstag in Hamburg mitteilte. Zudem hat das BSH im Namen der Bundesrepublik alle neun Ostseeanrainerstaaten über den Beginn des Verfahrens informiert.
In Dänemark, Schweden, Finnland und Russland sind nationale Zulassungsverfahren erforderlich. Dort durchquert die künftige Trasse entweder Territorialgewässer oder die so genannten ausschließlichen Wirtschaftszonen.
Die vor allem von Polen kritisierte Pipeline soll von 2010 an zunächst 27,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas im Jahr vom russischen Wyborg durch die Ostsee bis nach Lubmin bei Greifswald leiten. Den Baustart strebt Nord Stream eigenen Angaben zufolge für 2008 an. Die Gesamtinvestition für das Projekt umfasst mindestens fünf Milliarden Euro. Mit dem Bau eines weiteren Strangs soll die Transportkapazität später auf jährlich 55 Milliarden Kubikmeter verdoppelt werden. An Nord Stream sind der russische Energiekonzern Gazprom mit 51 Prozent, Wintershall und E.ON Ruhrgas mit je 24,5 Prozent beteiligt. Vorsitzender des Aktionärsausschusses ist Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder.
Im Zuge des nun begonnenen Zulassungsverfahrens sind umfangreiche Umweltverträglichkeitsuntersuchungen für die Ostsee erforderlich. Die Umweltverträglichkeit werde auf Grund der internationalen Dimensionen des Projektes nach völkerrechtlichen Vorgaben geprüft, hieß es. Dazu gab es bereits Treffen der Ostseeanrainerstaaten, um das Verfahren abzustimmen.
Das EU-Parlament forderte am Dienstag in Straßburg, beim Bau der Trasse das Ökosystem der Ostsee wirksam zu schützen. Die EU- Kommission solle dafür eine Umweltverträglichkeitsprüfung vornehmen, um einer möglichen Umweltkatastrophe in der Ostsee vorzubeugen, hieß es in einer Entschließung des Europaparlaments. «Das Ökosystem der Ostsee ist durch seine Abgeschlossenheit und seinen Salzgehalt besonders empfindlich», sagte der lettische Berichterstatter des Umweltausschusses, Aldis Kuskis.
Der Umweltverband WWF reagierte mit Skepsis auf den Beginn des Verfahrens. «Wir haben große Sorge, dass das Verfahren unter Zeitdruck und ohne die erforderliche Sorgfalt durchgezogen wird», sagte der Leiter des WWF-Ostseebüros, Jochen Lamp, in Stralsund. Vor allem für die Beckenrandschwelle zwischen Ostsee und Greifswalder Bodden befürchtet der Verband Auswirkungen auf Flora und Fauna im Meer. Unklar sei unter anderem, wie sich durch den Bau der Pipeline die Wasseraustauschverhältnisse zwischen Ostsee und dem salzärmeren Bodden verändern werden.
Das BSH werde vom kommenden Montag an alle von Nord Stream vorgelegten Dokumente ins Internet stellen, um das Verfahren transparent zu gestalten, teilte das Bundesamt mit.