Zulieferer dominieren Schiffbau-Messe

Nicht die Werften selbst, sondern ihre Zulieferbetriebe dominieren die weltweit führende Schiffbaumesse SMM, die am Dienstag in Hamburg ihre Tore öffnete. «Wir steuern bis zu 70 Prozent vom Wert eines Schiffes und in einigen besonderen Fällen bis zu 80 Prozent vom Wert eines Spezial-Wasserfahrzeugs bei», sagt Pim van Gulpen, der Präsident des europäischen Zulieferverbandes EMEC (European Marine Equipment Council). Denn die teuren und aufwendigen Ausbauten eines Schiffes, der Antrieb und die Navigationssysteme, die Kommunikationseinrichtungen und die Elektronik werden nicht auf den Werften entwickelt, sondern in den Zulieferbetrieben. Sie beliefern zudem nicht nur Schiffe, sondern rüsten auch Kaianlagen und die maritime Infrastruktur an Land aus.

Im Gegensatz zum Schiffbau, der mittlerweile zum weit überwiegenden Teil in Asien angesiedelt ist, hat die Zulieferindustrie ein starkes Standbein in Europa behalten. Der geschätzte Umsatz für die Europäische Union und Norwegen liegt bei rund 26 Milliarden Euro, was mehr als einem Drittel des Weltmarktes entspricht. Die europäischen Zulieferer exportieren rund die Hälfte ihrer Produktion; bei den deutschen Betrieben liegt der Anteil noch höher bei knapp zwei Dritteln. Die Schiffe aus Korea und China enthalten beträchtliche Zulieferungen aus Europa - nicht zuletzt, weil die Reeder ihren Lieferanten manche Produkte vorschreiben.

So sind in den Hallen der SMM vor allem Schiffsdiesel und Propeller, Pumpen und Ladetechnik, Elektronik, Überwachungs- und Reinigungssysteme zu sehen. «Der Trend geht zu integrierten Systemen», sagt van Gulpen. «Schiffbau wird immer mehr zu einem abschließenden Montageprozess, wobei ein zunehmender Teil der Fabrikation und Montage von den Ausrüstern übernommen wird.» Weil die Ausrüster immer enger mit den Reedern und Werften und auch untereinander zusammenarbeiten müssen, erwartet der europäische Verband künftig vermehrt Fusionen, Übernahmen und Allianzen in der weitgehend mittelständisch geprägten Branche. Er nennt das «industrielle Optimierung».

Die deutschen Schiffbau-Zulieferer, eine Branche mit rund zehn Milliarden Euro Umsatz und 70 000 Beschäftigten, setzen auf ihre traditionell starke technologische Position und ihr hohes Innovationstempo. «Das dürfen wir auch in der Boomphase nicht aus den Augen verlieren», sagt Alexander Nürnberg, Vorsitzender der Schiffbau- und Offshore-Zulieferindustrie im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Die Zulieferer profitieren nicht nur von dem weltweiten Auftragsboom der Werften, sondern auch von den hohen Energiepreisen: Der Bau von Offshore-Anlagen der Öl- und Gasindustrie erfordert technisch besonders anspruchsvolle Zulieferungen.

Künftig wird für die Zulieferer der Dienstleistungssektor an Bedeutung gewinnen. «Wir wollen Lifecycle-Partner der Reeder sein», sagt Nürnberg. Gemeint ist die Strategie vieler Zulieferer, ihre Produkte während der gesamten Lebensdauer eines Schiffes zu begleiten und damit die Wirtschaftlichkeit, Zuverlässigkeit und technische Aktualität zu sichern. Das ist ein Trend, der bereits aus der Investitionsgüterindustrie an Land bekannt ist: Immer größere Anteile des Umsatzes entfallen auf Dienstleistungen wie Service und Wartung.

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